Die Toskana – mit ihren sanften Hügeln, weiten Ausblicken und stillen, kraftvollen Orten – hat mich in diesen Ferientagen nicht nur entschleunigt, sondern tief inspiriert.
In einem abgelegenen, malerischen Häuschen bei Volterra verbrachte ich Zeit mit Musizieren, Spaziergängen, Flanieren durch verwinkelte Gassen, stillen Momenten bei einem Cappuccino auf der Piazza – und dem schlichten Staunen über die Landschaft.
Dabei wurde mir klar: Was ich hier erlebe, hat viel mit guter Führung zu tun.
Führung bedeutet nicht nur Entscheiden und Organisieren – sondern auch Raum schaffen, beobachten, zuhören und das Wesentliche erkennen.
Fünf Impulse, die mich in der Toskana besonders bewegt haben – und wie sie sich ganz konkret auf den Führungsalltag übertragen lassen:
1. Klarheit durch Weitblick – Die Kraft der Perspektive
Die toskanischen Hügelorte liegen hoch über dem Tal – als Beispiel Volterra (Titelbild). Wer oben steht, sieht weiter – nicht nur geografisch. Auch in der Führung braucht es regelmässig diesen Schritt zurück, um Überblick zu gewinnen.
💬 Transferfrage:
Wann nehme ich mir bewusst Zeit, um auf meine Situation mit Abstand zu blicken – anstatt im operativen Kleinkram zu verharren?
✍️ Übung:
Plane wöchentlich 30 Minuten strategische Aussichtszeit ein: Kein Laptop, kein Handy – nur du, Papier und Stift. Notiere: Was ist wirklich wichtig? Was kann ich loslassen? Wo brauche ich oder braucht mein Team Klarheit?
2. Musse als Führungsqualität – Nichtstun als Nährboden
In der Toskana scheint die Zeit manchmal stillzustehen. Diese bewusste Langsamkeit ist kein Mangel an Produktivität – sie ist Quelle von Kreativität und innerer Ordnung. Auch Führung braucht Musse.
💬 Transferfrage:
Wie sehr lasse ich mir selbst Raum zum Denken, Reflektieren und Innehalten? Oder jage ich von Termin zu Termin?
✍️ Übung:
Führe ein Musse-Büchlein: Halte einmal pro Woche fest, wann du bewusst nichts getan hast – und was dir in diesem Moment klar geworden ist. Beobachte, wie sich deine Entscheidungen verändern.
3. Zusammenarbeit wie ein Ensemble – Zuhören, Einstimmen, Führen
Beim gemeinsamen Musizieren mit meinem Mann wurde mir wieder bewusst: Gute Führung hat viel mit Musik zu tun. Ein Ensemble (oder ein Glockenturm) funktioniert nur, wenn alle einander zuhören, sich abstimmen – und jemand das Tempo vorgibt.
💬 Transferfrage:
Wie sorge ich in meinem Team für echten Dialog – statt nur Informationen auszutauschen?
✍️ Übung:
Starte dein nächstes Teammeeting mit einer „Einstimm-Runde“: Jede:r sagt in einem Satz, wie es ihr/ihm gerade geht. Kein Kommentar, nur Zuhören. Danach: Wie verändert sich die Atmosphäre?
4. Schönheit durch Struktur – Was Städte lehren
Die alten toskanischen Städte wie z.B. Volterra, San Gimigniano, Pienza etc. sind nicht zufällig schön. Ihre Klarheit, Ordnung und Harmonie folgen Strukturen, die stetig gewachsen sind. Auch Unternehmen brauchen solche Strukturen.
💬 Transferfrage:
Welche „Strassen“ und „Plätze“ in meinem Unternehmen sind klar gestaltet – und wo herrscht Chaos?
✍️ Übung:
Skizziere dein Unternehmen als Stadt: Welche Bereiche sind offen und zugänglich? Wo verlierst du dich in Gassen ohne Ziel? Was wäre dein „Marktplatz“ – der Ort der Begegnung?
5. Präsenz statt Reaktion – Innere Haltung kultivieren
Das Licht in der Toskana verändert sich ständig – und doch wirkt alles ruhig und in sich ruhend. Präsenz ist nicht starr, sondern bewusst. Auch Führung lebt von innerer Haltung, nicht von hektischer Aktivität.
💬 Transferfrage:
Reagiere ich meist reflexartig – oder treffe ich Entscheidungen aus einer ruhigen, klaren Haltung heraus?
✍️ Übung:
Bevor du eine schwierige Entscheidung triffst: Atme dreimal tief durch. Stell dir vor, du sitzt in der Toskana, auf einem Hügel, mit Weitblick. Was würde dein „innerer Hügelblick“ sagen?
Fazit: Führung darf leicht sein – und tief
Die Toskana hat mich gelehrt: Gute Führung entsteht dort, wo Klarheit, Präsenz, Struktur und Raum für Menschen zusammentreffen. Nicht alles muss schnell und hart sein. Manches darf sich entfalten – wie ein Sonnenuntergang über Olivenhainen.
In diesem Sinne: engagiert. klar. praxisnah. – auch in der Toskana.
Herzlich,
Gabriela Heller