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Resilienz im Führungsalltag

4. Februar 2024

Wir alle kennen solche Alltagssituationen: Das Familienleben ist chaotisch, im Job ist der Alltag sehr hektisch, die Aufgaben komplex, der rücksichtslose Autofahrer schnappt einem den letzten Parkplatz vor der Nase weg und die Versicherung kommt nicht für den Wasserschaden auf.

Nun gibt es Menschen, die sich dadurch schnell gestresst fühlen. Es gibt aber auch Menschen, die gelassen mit solch unangenehmen täglichen Herausforderungen umgehen können.

Sie verfügen über eine gute seelische Widerstandskraft, die sogenannte Resilienz (lateinisch resilire = zurückspringen, abprallen).

 

Ein kurzer Blick zurück

Die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy E. Werner erklärte den Begriff so: „Resilienz ist das Endprodukt eines Prozesses, der Risiken und Stress nicht eliminiert, der es den Menschen aber ermöglich, effektiv damit umzugehen“. Sie gilt als Pionierin der Resilienzforschung und untersuchte 1955 in einer 40-jährigen Langzeitstudie ca. 700 Kinder auf Kawuai, wo Alkoholismus und Armut allgegenwärtig waren. Viele Kinder lebten in Armut, wurden misshandelt und litten unter psychisch kranken oder Alkohol und/oder Drogen abhängigen Eltern. Also keine idealen Voraussetzungen für ein gelingendes und erfolgreiches Leben. Dennoch wurde ein Drittel dieser Kinder später weder psychisch krank noch straffällig. Als Erwachsene bewältigten sie ihr Leben erfolgreich, übten alltägliche Berufe aus und führten gesunde Beziehungen.

 

Was war ausschlaggebend dafür? Was hatten diese Kinder, was die anderen nicht hatten?

Die Entwicklungspsychologin fand heraus, dass diese Kinder mindestens eine Vertrauensperson aus ihrem nahen Umfeld (Tante, Onkel, Lehrer, Nachbar etc.) hatten, die sie liebte, unterstützte und auf die sie sich verlassen konnten. Sie erlebten eine vertrauensvolle, stärkende Beziehung und konnten dadurch die prägende Erfahrung machen, mindestens für einen Menschen wichtig und wertvoll zu sein. Diese Erfahrung ermöglichte es ihnen an sich selber zu glauben, sich etwas zuzutrauen und ihr Leben selber zu gestalten.

Auch spätere Forschungen mit Erwachsenen zum Thema Resilienz im privaten und beruflichen Umfeld haben diese Resultate bestätigt. Übrigens, schon Wilhelm Freiherr von Humboldt hat im 17. Jahrhundert erkannt: „Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben“.

 

Eine Prise Menschlichkeit stärkt die persönliche Widerstandskraft

Welche Erkenntnisse ergeben sich daraus für unseren Führungsalltag? Wir alle wissen, wie wichtig vertrauensvolle Beziehungen sowohl in unserem privaten als auch beruflichen Leben sind. Sie geben uns Halt und Sicherheit. Beziehungspflege in der viel beschriebenen VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity – deutsch Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität, Mehrdeutigkeit) wird deshalb immer wichtiger.

Die Digitalisierung verändert unser Leben: Das Internet vernetzt unsere Gesellschaft weltweit, die Automatisierung verändert die Industrie und Roboter übernehmen unsere Arbeit. Fact ist jedoch, dass Roboter (noch?) nicht in der Lage sind, die sogenannten menschlichen, weichen Faktoren zu ersetzen. Und genau ohne diese geht es im modernen Zeitalter nicht.

In unseren Unternehmen sind mehr denn je Führungspersonen gefragt, die beziehungsfähig und empathisch sind, Menschlichkeit zeigen, wertschätzend kommunizieren und auch Komplimente aussprechen können. Denn sind wir ehrlich, wer von uns freut sich nicht über eine positive Rückmeldung zu unserer Arbeit oder unserem Verhalten? Dies setzt Energien frei, beflügelt und bestärkt uns in unserem Tun und Sein.

Und ganz wichtig – nicht nur das „Geschenk“ erfreut sondern insbesondere auch das „Schenken“ macht Freude und stärkt gleichzeitig unsere Resilienz. Wir fühlen uns gut, werden widerstandsfähiger und können gelassener mit herausfordernden Situationen umgehen.

Mitarbeitende fühlen sich durch unsere Wertschätzung angenommen und in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt. Dies hat grossen Einfluss auf ihre Leistungsbereitschaft, Motivation und Belastbarkeit.

Demzufolge sollte das Ziel einer jeden Unternehmung sein, eine Kultur der Menschlichkeit zu fördern. Und jeder von uns kann seinen Beitrag dazu leisten. Man muss sich der Auswirkungen von gelebter Menschlichkeit lediglich bewusst sein und die Vorbildfunktion leben.

Also: Lassen Sie uns Beziehungen bewusst pflegen!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen Mut, Ihre Menschlichkeit täglich auszuleben. Sie bereichern nicht nur Ihr direktes Umfeld sondern vor allem sich selber!

Herzlich,

Gabriela Heller