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Respektvoll kommunizieren

5. August 2020

Unabhängig ob als Führungsperson, Mitarbeiter, Kundin oder Partner – im Alltag reagieren wir auf Respektlosigkeiten oft nach einem uns eigenen Verhaltensmuster: Wir werden wütend, unsicher oder gar aggressiv. Weshalb ist das so?

Wenn uns jemand respektlos begegnet, nehmen wir das oft persönlich. In der Regel fühlen wir uns wie vor den Kopf gestossen, überrumpelt und als Person in Frage gestellt. Dieses Gefühl mag niemand und deshalb setzen wir uns instinktiv dagegen zur Wehr. In den seltensten Fällen ruhen wir in solch bedrohlichen Situationen in uns. Unsere Sachlichkeit, Souveränität und Gelassenheit sind weg.

In der Kommunikation gibt es viele Fettnäpfchen, in die man treten kann oder denen man sich unvermittelt ausgesetzt sieht. Wann immer wir das Gefühl haben, nicht respektiert zu werden, gestaltet sich ein Gespräch als sehr schwierig und wenig Erfolg versprechend.

Insbesondere als Führungsperson ist es enorm wichtig, seinen Mitarbeitenden Respekt entgegenzubringen und wenn immer möglich auf (unbewusste) Respektlosigkeiten zu verzichten. Weshalb? Respekt beflügelt, erleichtert die Zusammenarbeit und erhöht die Produktivität.

Über die Art, WIE wir als Führungsperson Gespräche führen, denken wir selten intensiv nach. Schade, denn es gibt viele Gesprächssituationen, die schwierig werden können, weil wir uns – ohne es zu wollen – kommunikativ respektlos verhalten.

Dadurch verpassen wir oft auch die Gelegenheit, unser Gegenüber durch bewusste respektvolle Kommunikation von uns zu überzeugen und sympathisch zu wirken.


Nachfolgend einige Beispiele von subtilen Kleinigkeiten, die nur wenig oder kaum respektlos erscheinen und doch dafür sorgen, dass sich unser Gegenüber unbehaglich mit uns fühlt…

 

1. Die Nachricht entsteht beim Empfänger

Diese Aussage kennen wir alle. Und trotzdem massen wir uns an, dass unsere Äusserungen vom Gegenüber in jedem Fall verstanden werden müssen. Wenn dies dann nicht der Fall ist, sagen wir automatisch: „Da haben Sie mich falsch verstanden!“ oder „Da haben wir uns falsch verstanden“. Respektvoller wäre eine ICH-Botschaft: „Da habe ich mich falsch ausgedrückt, ich versuche es noch ein Mal.“

 

2. Vergleiche

Eine Person mit einer anderen zu vergleich ist respektlos: „Frau Müller erledigt die gleiche Arbeitsmenge in sehr hoher Qualität. Vielleicht kann Sie Ihnen einige Tipps geben.“ Insbesondere wenn es um Leistung geht, können durch Vergleiche leicht Selbstzweifel und Frustration ausgelöst werden. Denn da sind wir uns einig, es gibt immer jemanden, der besser, erfolgreicher, zielstrebiger etc. ist. Oder wenn jemand unmittelbar seinen Job verloren hat, möchte er nicht gesagt bekommen, dass ein entfernter Bekannter seines Kollegen ebenfalls seinen Manager-Posten verloren hat und seit einem halben Jahr vergeblich auf Stellensuche ist.

Wir müssen uns bewusst werden, wie wenig hilfreich es für unser Gegenüber ist, sein Leid, seine Missgeschicke oder Schmerzen durch unsensible Vergleiche zu lindern. Im Gegenteil, durch diese unbedarften Äusserungen verstärken wir das Leid.

 

3. Bagatellisierungen

„Ach, das wird schon wieder!“ Diesen Satz haben wir alle bestimmt schon einige Male zu hören bekommen, wenn wir uns in einer leidvollen Situation befanden. Wie ging es Ihnen mit dieser Aussage? Fühlten Sie sich wahrgenommen und verstanden? Ich leider nicht…

Obwohl oft gute Absicht (oder eine gewisse Hilflosigkeit) hinter solchen Bagatellisierungen steckt, banalisieren sie das Problem – sie wischen es einfach weg! Aussage einer Mitarbeiterin: „Ach herrjeh, ich habe keine Ahnung, wie ich diesen Pendenzenberg bis morgen bewältigen soll!“ Antwort Führungsperson: „Ach kommen Sie. Sie haben doch schon immer alles geschafft. Das packen Sie schon!“

Nett gemeint, aber leider das Ziel verfehlt. Die Mitarbeiterin fühlt sich durch diese banale Aussage definitiv nicht bestärkt oder unterstützt – ganz im Gegenteil. Ähnlich wie beim erwähnten Vergleich wirkt auch die Bagatellisierung auf das Gegenüber unsensibel und ist wenig hilfreich. Obwohl die Antwort gut gemeint ist, drückt sich eine Führungsperson mit empathischen Qualitäten anders aus. Beispielsweise mit Fragen wie „Was macht es in diesem Fall so herausfordernd?“ oder „Was benötigen Sie, um den Überblick wieder zu erlangen?“.

 

4. Kritik

Wie äussert man Mitarbeitenden gegenüber Kritik auf eine respektvolle Art und Weise? Eine echte Knacknuss! Wir alle wissen, dass Kritik einer der sensibelsten Bereiche im Führungsalltag ist. Viele Führungskräfte machen sozusagen den Spagat zwischen ehrlich und freundlich sein und Kritik anbringen. Nicht selten wählen sie die sogenannte Sandwich-Methode: Zuerst etwas Nettes, dann das Problem und zum Schluss nochmals etwas Nettes sagen. „Lieber Herr Meier, ich finde es toll, wie effizient Sie Ihre Kennzahlen auswerten. Wie Sie jedoch mit Ihrem Kollegen Müller umgehen, kann ich nicht tolerieren. Aber Ihr Hemd gefällt mir ausgesprochen gut.“

Wenn auch etwas überspitzt formuliert: Wie würden Sie sich in der Situation von Herrn Meier fühlen? Könnten Sie das zum Schluss geäusserte Kompliment annehmen?

Die meisten Menschen, die ich kenne, lehnen diese indirekte Methode ab. Wer ehrliche und vor allem konstruktive Kritik anbringen möchte, sollte dies fair und direkt tun. Denn was sind Komplimente wert, wenn sie in einen solch strategischen Dienst gestellt werden. Dies wirkt äusserst unglaubwürdig, wenn nicht gar beleidigend.

 

5. Schnell, umweltschonend, effizient – Tücken der modernen Kommunikationsmedien

Natel

Ohne geht es in der heutigen Zeit nicht mehr – und doch gibt es einige Situationen, in denen man besser auf Anrufe verzichten sollte, um sich vor frustrierenden Erlebnissen zu schützen. Wenn z.B. ein FA 18-Flieger über das Gebäude donnert, der Akku bereits rot leuchtet, die S-Bahn einfährt oder ich mit dem Auto in einen Tunnel einfahre.

 

SMS-Nachrichten

Unmittelbar beim Empfänger und lesbar, wann immer dieser es wünscht – zwei klare Vorteile. Hingegen sind die verwendeten Abkürzungen für weniger geübte Lesende oft etwas verwirrend: „OMG! CU @ Miracle asap LG ;-)“. Bedeutet: Oh mein Gott! Wir sehen uns im Restaurant Miracle so bald als möglich, Liebe Grüsse…

Wussten Sie, dass Smileys und Kürzel nicht nur Teil der Jugendkultur sind, sondern längst in der Geschäfts-Kommunikation Einzug gehalten haben ? Mehr dazu und weitere Abkürzungen entdecken Sie hier.

 

E-Mail-Nachrichten

Ein Grossteil der heutigen Kommunikation zwischen Führungspersonen und Mitarbeitenden genauso wie zwischen Geschäftspartnern läuft per E-Mail ab. Ideen werden präsentiert, Verhandlungen geführt, Vertragsdokumente und Konzepte vorgestellt uvm.

Wählen wir einen saloppen, nachlässigen, alles-in-kleinbuchstaben-geschriebenen Stil oder legen wir Wert auf einen sorgfältigen, grammatikalisch korrekten Sprachstil?

Fakt ist, dass unser Kommunikationsstil Auswirkungen darauf hat, wie wir als Führungsperson, als Geschäftspartner und generell als Mensch wahrgenommen werden. Es lohnt sich deshalb sehr, sich zu überlegen, wie wir per E-Mail kommunizieren wollen.

 

Diese Beispiele verdeutlichen, wie schnell man in die sogenannte Kommunikationsfalle tappen kann. Wir haben gesehen, dass oftmals keine böse Absicht hinter respektloser Kommunikation steht. Häufig fehlt es an der persönlichen Achtsamkeit.

Die Vorteile von respektvoller Kommunikation wurden genannt. Deshalb sollte es uns gerade als Führungsperson ein grosses Anliegen sein, mit unseren Mitarbeitenden einen respektvollen Umgang zu pflegen.

 

Respekt für andere fängt beim Respekt für sich selbst an.

Zuerst muss ich mich sensibilisieren, mich selbst zu achten, bevor ich meine Mitarbeitenden aufrichtig respektieren kann. Folgende selbstreflektierenden Fragen können Aufschluss geben:

  • Gelingt es mir, in wertschätzender Weise über mich selbst nachzudenken?
  • Wie reagiere ich, wenn ich einen Fehler gemacht habe (beschimpfe ich mich, reagiere ich cholerisch oder verständnisvoll)?
  • Welche Aspekte stehen bei mir im Vordergrund: Meine Stärken oder Schwächen?

Vielleicht haben Sie einige Anregungen für Ihren Führungsalltag erhalten und fühlen sich sensibilisiert? Falls Sie sich vertiefter mit dem Thema Respekt auseinandersetzen möchten, empfehle ich Ihnen das Buch von René Borbonus RESPEKT! Wie Sie Ansehen bei Freund und Feind gewinnen.

Möchten Sie Ihre Kommunikationskompetenz als Führungsperson im geschützten persönlichen Rahmen beleuchten und vertiefen? Gerne stehe ich Ihnen zur Seite.

 

Respektvoll, Ihre
Gabriela Heller