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Resilienz – gut ausgestattet in Krisen

9. April 2019

Das Leben hält für uns alle zahlreiche schicksalhafte Herausforderungen bereit. Erlebten Sie auch schon Krisensituationen, in denen Sie das Gefühl hatten, jemand ziehe Ihnen den Boden unter den Füssen weg? Sie fühlten sich elend, ohnmächtig, hilflos und dachten, das Leben gehe nicht mehr weiter.

Krisensituationen können uns kurzzeitig lähmen, uns die Luft zum Atmen nehmen, uns verzweifeln lassen.

Doch wie kann es sein, dass ein Unternehmer unmittelbar nach seinem Firmenbankrott wieder neue Pläne schmiedet, während eine andere Person aufgibt? Weshalb nagt eine unpassende Bemerkung einer Teamkollegin zwei Tage lang an einer Person, während eine andere die Aussage überhört? Und wie findet jemand nach schwerer Krankheit wieder neuen Sinn im Leben, während eine andere Person in eine Depression fällt?

Die entscheidende Frage lautet, welche Einstellung wir zu einer Krisensituation haben und wie sich dies in der Folge in unserem Verhalten zeigt.

Und genau hier kommt die persönliche Resilienz (psychische Widerstandskraft) ins Spiel.

Wissenschaftler versuchen seit längerer Zeit, Eigenschaften und Faktoren zu entschlüsseln, die Menschen in Krisen helfen, neuen Lebensmut zu finden. Es gibt unzählige Faktoren, die unsere Resilienz beeinflussen. Nachfolgend führe ich die 3 wichtigsten aus:

 

1. EINE feste Bezugsperson in der Kindheit

In allen Studien, die bisher zum Thema Resilienz durchgeführt wurden, sticht ein Merkmal besonders hervor: Die stabile und vertrauensvolle Bindung im Kindesalter zu EINER nahestehenden Person. Sie sorgt für eine gute psychische Widerstandsfähigkeit.

Mehr dazu erfahren Sie in meinem veröffentlichten Blogbeitrag Resilienz im Führungsalltag.

Die gute Nachricht: Mehr Menschlichkeit und Beziehungspflege in unserem Alltag stärkt die psychische Widerstandsfähigkeit auch im Erwachsenenalter!

2. Neurobiologische Prozesse

Die chemischen Prozesse in unserem Gehirn beeinflussen die Hormonausschüttung und entsprechend unsere Gefühlslage sowie unser Verhalten in belastenden Krisensituationen.

Der kanadische Neurobiologe Michael Meaney fand in einem Tierexperiment heraus, dass schlecht umsorgte Tiere weniger Andockstellen entwickelten und das Stresshormon Cortisol (versetzt den Körper in Alarmzustand i.S.v. Flucht oder Kampf) dadurch länger in ihrem Blutkreislauf blieb. Sie standen dadurch häufiger unter Stress.

Der Einfluss von Cortisol ist inzwischen auch für Menschen bestätigt. Es gilt das gleiche Prinzip: Menschen, die früh traumatisiert wurden, können Cortisol schlechter abbauen und sind aus diesem Grund weniger resistent gegen Stress.

Die gute Nachricht: Mit geeigneten Stressreduktionsmassnahmen kann man auch im Erwachsenenalter etwas gegen Stress tun.

  • Stress reduzieren (z.B. klärende Gespräche, Arbeitszeitpensum anpassen)
  • Eigene Belastbarkeit erhöhen (z.B. Sport, Ernährung)
  • Stress abbauen (z.B. Entspannungsübungen, Meditation)

Weitere Informationen zum Thema Stress: www.stress-no-stress.ch

 

3. Unsere Gene

Auch Gene tragen etwas zu unserer psychischen Widerstandskraft bei. Der genetische Einfluss auf unsere Resilienz ist jedoch sehr komplex. Es lassen sich aber insbesondere zwei Gene ausmachen, die eine wichtige Rolle in Bezug auf den Umgang mit Krisen spielen. Es sind dies

  • das „Resilienzgen“, welches darüber bestimmt, wie schnell wir Serotonin (Glückshormon) abbauen. Wer die kurze Variante in sich trägt, ist öfter deprimiert, vor allem dann, wenn zusätzlich negative Umweltfaktoren hinzukommen.
  • das „Gewaltspiralen-Gen“, welches die Wahrscheinlichkeit für antisoziales Verhalten erhöht, wenn Betroffene in der Kindheit selbst Gewalt erlebt haben.

Die gute Nachricht: Durch Selbstreflexion kann ich mir im Erwachsenenalter über mein Verhalten bewusst werden und versuchen, dieses mittels einer anderen Einstellung zu ändern.

 

Bestimmte Charaktereigenschaften können zudem unsere psychische Widerstandskraft stärken. Dazu gehören beispielsweise Ausgeglichenheit, Durchsetzungsvermögen, Ausdauer, Flexibilität, Optimismus, Offenheit, Neugier, Intelligenz, ein gutes Selbstwertgefühl (siehe dazu meine veröffentlichte Blogreihe) und nicht zuletzt Humor.

Wo liegt genau der Unterschied zwischen resilienten Menschen und Menschen, mit weniger psychischer Widerstandsfähigkeit?

Resilienten Menschen gelingt es, Krisen nach einer angemessenen Zeit hinter sich zu lassen, wieder nach vorne zu schauen und eventuell gestärkt daraus hervor zu gehen. Sie finden geeignete Wege, ihre Wunden zu heilen und holen sich, wenn nötig, professionelle Hilfe.

Wenn auch Sie etwas konkreter wissen möchten, wie es um Ihre Resilienz steht, bietet Ihnen folgender Fragebogen eine Möglichkeit: Resilienzskala.

Resilienz ist eher ein Prozess als ein Endergebnis. (Emmy Werner)

Herzlich,

Ihre
Gabriela Heller