Nach der Lektüre meines vorherigen Blogartikels wissen Sie inzwischen wahrscheinlich, welches ihr persönlicher „Lieblingsantreiber“ ist. Jeder An-treiber beinhaltet sehr wohl auch positive Aspekte – kritisch wird es erst, wenn daraus unbewusst Über-treiber werden.
Zu jedem Antreiber gibt es einen Gegenspieler: Den Erlauber.
Wie die Stimme des Antreibers, ist auch die Stimme des Erlaubers in uns vorhanden. Nur leider ziemlich leise und oft nicht hörbar, da sie von der dominanten Antreiber-Stimme übertönt wird.
Wie lässt sich dieses Ungleichgewicht ausbalancieren? Die Herausforderung besteht darin, beiden Stimmen situationsabhängig das Wort zu erteilen!
Schauen wir uns die Stimmen etwas genauer an:
Sei perfekt!
Dieser Antreiber fordert ständige Vollkommenheit und andauerndes Übertreffen der Ziele. Dinge nur ‚gut‘ zu erledigen oder mal ‚Fünfe grade sein lassen‘ geht unter keinen Umständen. Fehler gelten als Katastrophe und sind unbedingt zu vermeiden.
Positiver Aspekt: Er ist ein guter Helfer, wenn es um Sorgfalt und Genauigkeit geht.
Sätze, die ein Erlauber diesem Antreiber entgegnen könnte:
- Ich darf Fehler machen und aus ihnen lernen.
- Manchmal sind 90% vollkommen ausreichend.
- Ich bin gut, so wie ich bin.
- Ich gebe mein Bestes und das ist gut.
Mach es allen recht!
Dieser Antreiber suggeriert, dass alle anderen jederzeit wichtiger sind als man selbst. Er überträgt einem die Verantwortung für das Wohlergehen der anderen. Sich um eigene Bedürfnisse und Wünsche zu kümmern ist tabu.
Positiver Aspekt: Er steht für gute Beziehungsfähigkeit und grosse Fürsorge.
Sätze, die ein Erlauber diesem Antreiber entgegnen könnte:
- Ich darf meine eigenen Bedürfnisse und Ansichten ernst nehmen.
- Ich bin ok, auch wenn jemand unzufrieden mit mir ist. Davon geht die Welt nicht unter.
- Ich darf es auch mir selbst recht machen.
- Ich nehme Rücksicht auf mich und auf die anderen.
Beeil dich!
Alles was getan wird, muss schnell gehen. Langsamkeit und das Auseinandersetzen mit der Gegenwart sind verboten. Dadurch wird ein sich vertiefen in ein Thema oder sich auf eine andere Person einstellen verhindert.
Positiver Aspekt: Er ist die Grundlage für Entscheidungsfreude und effizientes Handeln.
Sätze, die ein Erlauber diesem Antreiber entgegnen könnte:
- Meine Zeit gehört mir.
- Ich darf mir die Zeit nehmen, die ich brauche.
Ich darf Pausen machen. - Manches darf auch länger dauern.
- Ich darf meinen persönlichen Rhythmus und meine Tagesform berücksichtigen.
Streng dich an!
Nur was mit viel Mühe und Schweiss errungen wird, ist wertvoll und verdient Anerkennung. Auf keinen Fall nachlassen oder vorzeitig aufgeben lautet die Devise. Man darf sich weder gehen lassen, noch die Erfolge der Arbeit feiern.
Positiver Aspekt: Er ist der Grundstein für ein grosses Beharrlichkeits- und Durchhaltevermögen.
Sätze, die ein Erlauber diesem Antreiber entgegnen könnte:
- Meine Kraft gehört mir.
- Ich darf mir helfen lassen.
- Ich darf das, was ich tue, lustvoll und locker tun und zu Ende bringen.
- Ich darf mich über Erreichtes freuen und ausruhen.
Sei stark!
Die Botschaft lautet, dass unbedingt alles alleine zu schaffen ist. Hilfsbedürftigkeit schafft Abhängigkeit und ist um jeden Preis zu vermeiden. Zudem sollen die Gefühle jederzeit unter Kontrolle gehalten und nicht gezeigt werden.
Positiver Aspekt: Er schenkt viel Kraft und Vorsicht.
Sätze, die ein Erlauber diesem Antreiber entgegnen könnte:
- Ich darf offen sein und vertrauen.
- Ich darf anderen meine Wünsche mitteilen.
- Ich darf mir Hilfe holen und sie annehmen.
- Gefühle zu zeigen ist erlaubt und ein Zeichen von Stärke.
Die positiven Aspekte machen es nochmals deutlich: Ohne innere Antreiber würde unser Leben kaum erfolgreich verlaufen. Sie werden erst zum Problem, wenn sie unreflektiert unser Leben bestimmen. Es geht also nicht darum, die inneren Antreiber zu verbannen – wir können lediglich versuchen, sie zu zähmen.
Wie das geht?
Ein guter Weg: Die Erlauber-Stimme bewusst zu Wort kommen lassen.
Betrachten Sie folgende Übung als ein Experiment!
Als Erstes holen Sie Ihren passenden Erlauber-Satz in Ihr Bewusstsein. Danach sprechen Sie ihn leise vor sich hin. Dadurch erlauben Sie sich selbst, diesen Satz zu beherzigen und danach handeln zu dürfen. So erhalten Sie die Chance, unangenehme oder unpassende Handlungsmuster zu durchbrechen.
Beobachten Sie sich und schauen Sie, was ein neues Handlungsmuster mit Ihnen macht. Welche Gedanken, Gefühle oder Körperempfindungen werden ausgelöst? Welche neuen Erfahrungen sammeln Sie damit? Spüren Sie eine gewisse Entlastung oder erfahren Sie, dass es auch ‚anders‘ geht?
Mit etwas Übung kann es Ihnen gelingen, Ihren Handlungsspielraum zu erweitern. Sie werden lernen, bewusst zu entscheiden, in welchen Situationen oder bei welchen Aufgaben es hilfreich ist, die Erlauber-Stimme in den Vordergrund treten zu lassen und deren Rat zu befolgen.
Viel Erfolg beim Experimentieren!
Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen.